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Fantasy History (14): Elfen, Neon und Nerds – Fantasy in den Achtzigern
„Sie sagen, ein bisschen Wissen sei gefährlich, aber es ist nicht halb so schlimm wie jede Menge Ignoranz.“
– Terry Pratchett
Willkommen in den Achtzigern: Schulterpolster, Synthesizer, Spielwürfel. Ein Jahrzehnt, in dem Fantasy zwischen Kitsch und Kult mäandert – und endgültig im Massenmarkt landet. Zwischen abseitigem Nischenphänomen und popkulturellem Mainstream formiert sich in dieser Zeit eine Szene, die bis heute stilprägend wirkt: Nerds, Gamer, Metalheads, Buchliebhaber – und dazwischen jede Menge Elfenstaub.

Vom Tolkien-Klon zur echten Stimme
Die Nachwehen von Der Herr der Ringe sind in den Achtzigern noch überall spürbar. Unzählige Romane imitieren Tolkiens Setting. Edle Elfen, dunkle Herrscher und magische Artefakte sind allenthalben zwischen Buchdeckeln verborgen. Aber langsam, ganz langsam, treten neue Stimmen hervor.
Patricia A. McKillip verzaubert mit The Riddle-Master die Leserwelt, poetisch, leise, tiefsinnig. Stephen R. Donaldson konfrontiert mit dem widersprüchlich gebrochenen Thomas Covenant die Konventionen klassischer Heldenreisen. Und dann ist da Terry Pratchett, der mit Die Farben der Magie (1983) das Genre liebevoll zerlegt. Dabei erschafft er eine Scheibenwelt, die zur anarchischsten Meta-Fantasy des Jahrhunderts wird.
Rollenspiel, Nerdtum & DIY-Magie
Parallel zum literarischen Aufbruch geschieht etwas Entscheidendes am Wohnzimmertisch: Dungeons & Dragons zieht Millionen Jugendliche in magische Unterwelten. Fantasy ist plötzlich nicht mehr nur etwas, das man liest; man lebt sie, mit Würfeln, Stiften und viel Fantasie. Der „Game Master“ wird zum modernen Magier, das Regelbuch zum Grimoire des kleinen Mannes.
Diese Rollenspielkultur prägt nicht nur Storytelling, sondern auch das Selbstverständnis einer ganzen Generation: Fantasie als Gegenwelt, als Safe Space, weit weg von Atomkriegsängsten und Wirtschaftskrise.
Neonritter und Klangzauber
Fantasy wandert in die Musik. Power Metal wird zur akustischen Fantasyoper: Gitarrensoli wie Drachenflüge, Texte wie Heldensagen. Manowar, Blind Guardian, Running Wild – sie alle schwingen Schwerter aus Klang. Parallel dazu entstehen düstere Synthesizerwelten im Kino (Legend, Labyrinth) und zeichentrickhafte Comic-Universen (He-Man, She-Ra, Heavy Metal Magazine).
Die Achtziger denken Fantasy nicht länger nur im Mittelalterklischee, sondern in Neonfarben, Glitzer, Leder und Lautstärke. Die Ästhetik wird bunter, überzeichneter, oft auch trashiger. Aber sie wird nie langweilig.
Nerds übernehmen das Kommando
Die Achtziger sind der Moment, in dem sich Fantasy vom elitären Literaturraum löst und zum Herzstück einer eigenen Subkultur wird. Comicshops, Cons, Fanzines, LARP, VHS-Tapes mit Conan the Barbarian: Fantasy mutiert zur identitätsstiftenden Pop-Religion.
Es ist der Beginn jener Nerdkultur, die später das Internet, das Kino und die Bestsellerlisten erobern wird. Damals jedoch ist sie noch etwas Abseitiges und auch Außenseiterhaftes. Aber das Selbstbewusstsein dieser Kultur ist im Wachsen begriffen.
Fazit: Glorreich, schillernd, nerdig
Die Achtzigerjahre waren kein goldener Thron für die Fantasy, eher wohl ein flackernder Arcade-Automat, an dem sich Elfen und Orks in Pixelform kloppen konnten. Aber genau darin lag die Magie: In der Mischung aus Hochkultur und Hobbykeller, aus tiefgründigen Texten und quietschbunter Fankultur.
Fantasy wurde in den Achtzigern endgültig zum Lebensstil und war eben nicht mehr nur Lektüre. Und ganz ehrlich: Ohne diese nerdige Neonphase wären wir heute ärmer. An Fantasie, an Freiheit und an ziemlich krassen T-Shirts.
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