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Fantasy History (16): Giganten der Moderne – Rowling, Pullman, Pratchett
„Fantasy is an exercise bicycle for the mind. It might not take you anywhere, but it tones up the muscles that can.“
– Terry Pratchett (1948 – 2015)
Zwischen Hut, Hölle und Hogwarts
In den späten 1990er- und frühen 2000er-Jahren erklomm die Fantasy einen neuen Gipfel und zwar auf dem Rücken dreier Autoren und Autorinnen, die unterschiedlicher kaum sein könnten. J.K. Rowling, Philip Pullman und Terry Pratchett verzauberten nicht nur Millionen Leser weltweit, sie veränderten das Genre in seiner DNA.
Sie brachten Magie in Klassenzimmer, Philosophie in Parallelwelten und Anarchie auf flache Planeten. Und sie bewiesen: Fantasy kann nicht nur eskapistisch, sondern auch klug, politisch und massentauglich sein, ohne je banal zu werden.

🧙♂️ Hogwarts Express ins literarische Mainstreamzentrum
J.K. Rowling erschuf mit Harry Potter (1997–2007) ein Phänomen, das sich dem klassischen Fantasyrahmen entzieht und ihn gleichzeitig massentauglich macht. Das Internat, die Coming-of-Age-Struktur, die Dichotomie von Gut und Böse. Das alles ist bekannt. Doch Rowling bettete diese Tropen in eine schottische Teekanne voll sozialer Fragen: Armut, Ausgrenzung, Politik, Rassismus, Bürokratie.
Was wie ein Jugendroman beginnt, wird ab Band 4 zur düsteren Allegorie auf Machtmissbrauch und moralisches Erwachsenwerden und markiert zugleich eine Zäsur: Fantasy als moralischer Spiegel der Gesellschaft.
🐻 Pullmans Pantheismus und Parallelwelten
Philip Pullman konterte fast gleichzeitig mit der His Dark Materials-Trilogie (1995–2000) – einer Antwort auf Narnia, voller Wissenschaft, Theologie und metaphysischer Fragen. Pullman wollte Fantasy nicht nur neu denken, sondern auch entmystifizieren. Sein Gott ist sterblich, seine Helden zweifeln, seine ist Welt durchzogen von Dreck, Staub und Seele.
Was wie ein Kinderbuch beginnt, verwandelt sich in eine komplexe Auseinandersetzung mit Religion, freiem Willen und der Frage, wie man ein gutes Leben führt, das alles jenseits von Glaubensdogmen und Schwarz-Weiß-Moral.
🐢 Pratchetts Planet voller Pointen
Terry Pratchett hingegen arbeitete leise und lachte laut. Mit seiner Scheibenwelt (ab 1983, bis 2015) schuf er das längste Satireprojekt der Fantasygeschichte. Was als Parodie auf Tolkien begann, wurde zum subtilen Spiegel der Moderne: Bürokratie, Gender, Wirtschaft, Religion, vor diesem genialen Geist war nichts sicher.
Pratchett war mehr als ein Humorist. Er war Philosoph, Humanist, Aufklärer. Und die Fantasy? War für ihn das Werkzeug, mit dem man Gesellschaft sezieren konnte, mit Witz, aber stets auch mit Würde.
✨ Drei Wege, ein Vermächtnis
Was Rowling, Pullman und Pratchett verbindet: Sie haben die Fantasy ins Licht der Feuilletons gezerrt und nicht nur nicht geblendet, sondern zum Strahlen gebracht. Sie machten klar: Fantasy kann Bestsellerliteratur sein und trotzdem Haltung zeigen. Sie kann politisch sein, subversiv, klug und muss dabei ihren Zauber nicht verlieren.
Sie öffneten Türen für neue Stimmen, neue Themen, neue Leser. Und wer heute Fantasy schreibt, schreibt – bewusst oder unbewusst – nach Pratchett, nach Pullman, nach Potter.
Cliffhanger: Und während Mittelerde auf der Leinwand erwachte und Westeros zum Wohnzimmerphänomen wurde, begann die Fantasy endgültig, sich selbst neu zu erfinden.
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