Grimgarns Schwur

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Ich kniete auf dem staubigen Boden der Thronhalle, gefesselt und erniedrigt.
Der Rat hatte entschieden: Verbannung.
Nicht wegen eines Verrats, nicht wegen eines Verbrechens – sondern weil ich das ausgesprochen hatte, was alle wussten:
Dieser König, mein Vater, war ein Schwächling.
Er setzte auf Verhandlungen, statt auf ehrlichen Kampf.
Gab unsere wertvollsten Erze an betrügerische Händler, für die er im Tausch nur schlechte Lebensmittel und Tand erhielt.
Er verriet sein eigenes Volk.
Während unsere Nachbarn uns bedrängten und unsere Minen überfielen, saß er in Verhandlungen fest. Drei Siedlungen fielen, bevor er auch nur das Schwert zog.

„Nimm dein erbärmliches Leben und geh“, spie er mir nun entgegen. „Doch vergiss nicht, mein Sohn: Du wirst ohne eigenen Berg sterben.“

Er kannte mich wirklich schlecht, mein Vater, der König der Hasenfüße.

Ich zog über die Schwarze Schlucht, weit in jene Lande, wo der Herzstein schlief – tief unter dem Groll der wütenden Erde.
Kein Zwerg wollte hier sesshaft werden, alle fürchteten sie sich vor dem, was dieser Fels war.
Doch ich hatte keine Angst.
Und eine Schar meiner treuesten Anhänger folgte mir.
Dieser dunkle Berg sollte unser Zuhause werden.
Und mit ihm würde ich mir alles nehmen, was hier in den verborgenen Tiefen schlief.
Viel zu lange schon.
Und ich tat meinen Schwur: Ich würde eine Waffe erschaffen, wie kein Zwerg sie je gesehen hatte.
Eines Tages, als wir so tief gruben, wie niemand vor uns, fand ich ihn.
Den Herzstein. Die Legende. Das Artefakt ultimativer Macht.
Ein Brocken so groß wie mein Schild, rot pulsierend wie ein Herz.
Schon beim ersten Blick darauf hörte ich ein leises Flüstern aus dem Gestein, als wäre der Berg selbst am Leben.
Ich brach ihn aus der Wand, und jeder meiner Schläge ließ dabei den Berg zittern und stöhnen.
Der Preis?
Risse, fein wie Spinnennetze, krochen durch das Gestein.

Mir war es einerlei.
Ich hatte nun eine Axt zu schmieden.
Und ich sollte für meine Mühen reich belohnt werden.
Mit einer Waffe, wie sie nie zuvor geschaffen worden war.
Eine Klinge so scharf wie mein Hass selbst, mit einem makellosen Schaft aus uralter Eisenkiefer.
Ein Schlag – und kein Feind sollte sich jemals wieder erheben.

So zog ich endlich wieder in den Krieg.
Nicht für den König und nicht für den Rat.
Für mich selbst.
Für meinen Namen und unter meinem eigenen Banner.
Geziert alleine von einer blutroten Axt.

Die Orks des Todesgrats fielen wie Grashalme unter der Sense des Finsteren.
Doch mit jedem Schlag pulsierte der Herzstein meiner Axt heißer, und ich spürte, wie neue Risse durch meine Stollen krochen.
Die Trolle von Nordkarg ließ ich im eigenen Blut ertrinken.
Schon dachte ich darüber nach, wie ich den Krieg zu meines Vaters Berg würde tragen können.
Doch jeder Schlag meiner Axt hallte im Berg wider.
Und jeder meiner zahllosen Siege brachte neue Risse.

Meine Gefährten und Kameraden warnten mich.
„Die Fundamente wanken, Grimgarn. Die Stollen stürzen ein. Wenn du so weitermachst, werden wir hier unser Grab finden.“
Ich lachte nur. „Dann soll der Berg fallen, wenn er für mich zu schwach ist.“

Schließlich zogen wir in die Schlacht gegen den verräterischen Clan der Eisenklauen.
Dunkle Zwergenkrieger, die seit jeher mit allen anderen unserer Art im Krieg lagen.
Sie galten als unbezwingbar.
Das würden wir noch sehen.
Hundert Feinde lagen bald tot vor mir, noch mehr stürmten nach.
Dann schwang ich erneut die Herzsteinaxt, führte sie im gewaltigen, tödlichen Bogen.
Ich brachte Chaos und Vernichtung über unsere Feinde.
Und der Berg schrie auf wie nie zuvor.
Ein Donnern und Rumoren, tief in seinen Eingeweiden.
Stein zerriss Luft.
Mauern stürzten nieder, als flösse graues Wasser von den Bergwänden herab.
Und mein Königreich verschwand in Staub und Asche.

Ich stand allein, mitten im Trümmermeer.
Die Axt glühte, Risse durchzogen ihre Klinge wie schwarze Adern.
Ich rammte sie in den Boden.
Und die gewaltige Klinge zersprang in unzählbare Teile.

Doch ich lachte nur wild und brüllte über das Dröhnen der Vernichtung hinweg: „Sieh auf mich, Vater! Ich habe meinen Schwur gehalten.“
Als ich die Worte sprach, wusste ich jedoch, dass ich genauso so blind gewesen war wie er – nur auf andere Art. Seine Schwäche war seine Unentschlossenheit, die meinige mein Zorn.

Eines Tages wird ein Barde vielleicht meine Geschichte singen.
Und einige Narren werden sich fragen, ob all das wahr sein kann.
Aber wer wie ich alles verloren hat, was er zu erobern suchte, fragt nicht mehr nach dem Preis der Rache.

Grimgarn, der verstoßene Zwergenkönig, steht inmitten eines einstürzenden Berges, seine Herzstein-Axt glüht vor Macht.

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