🔍 Suche im Fantasykosmos

Spüre verborgene Pfade auf, entdecke neue Werke oder durchstöbere das Archiv uralter Artikel. Ein Wort genügt – und der Kosmos öffnet sich.


Die Revolution der Imagination – Fantasy & Romantik im 19. Jahrhundert

William Blake als Statue: Wie Romantik und Poesie die Fantasy prägten: Von Shelley bis Keats, vom Erhabenen zur Magie der Sprache – ein poetisches Kapitel der Genre-Geschichte.

Die Romantik als Seelenbewegung

Romantik bedeutete nicht nur Schwärmerei. Sie war eine Gegenreaktion auf Rationalismus und Industrialisierung. Während Fabriken qualmten und Maschinen marschierten, wandten sich Autor:innen der inneren Welt zu: dem Traum, der Sehnsucht, dem Erhabenen. Hier wurde die Imagination zur höchsten Macht erhoben – als schöpferische Kraft, die über Logik hinausgeht.

Wichtige Vertreter:innen:

  • William Blake (1757–1827): Visionär, Maler, Dichter – Blake schuf ein ganzes Mythologie-System, das sich wie ein Proto-Fantasy-Universum anfühlt. Seine Gedichte sind bevölkert von Engeln, Göttern, Dämonen – und einer Bildsprache, die Tolkien später beeinflusste.
  • Samuel Taylor Coleridge (1772–1834): Mit „The Rime of the Ancient Mariner“ schrieb er eines der ersten Seefahrts-Fantasy-Gedichte. Er prägte das Konzept der „willing suspension of disbelief“ – also die bewusste Bereitschaft, Fiktion als wahr zu akzeptieren.
  • John Keats (1795–1821): Seine Oden (besonders an die Nachtigall und die griechische Urne) beschwören eine Welt, die zeitlos, mythisch, entrückt ist – Fantasy in Reinform, nur in lyrischer Sprache.
  • Mary Shelley (1797–1851): Neben Frankenstein schrieb sie auch „The Last Man“, einen frühen apokalyptischen Zukunftsroman voller metaphysischer Fragestellungen.
  • Percy Bysshe Shelley: Neben seiner Lyrik entwarf er utopische Visionen und metaphysische Welten – seine Texte sind bis heute ein Füllhorn poetischer Symbolik.

Gefühl als Weltformel

Was in der Romantik neu war: Das Subjekt wurde zur Quelle aller Erkenntnis. Gefühl, Inspiration, Intuition – all das zählte plötzlich mehr als Beweise oder Belege. Und genau hier blühte die Fantasy auf:

  • Landschaften wurden zu Seelenzuständen.
  • Helden zu Suchenden.
  • Magie zu einer Sprache des Inneren.

Die Natur war nicht nur Kulisse, sondern Spiegel. Der Sturm tobte draußen, weil er im Inneren des Protagonisten wütete. Die Berge wurden zu mythischen Prüfungen, die Wälder zu Orten des Übergangs. Was später in „Der Herr der Ringe“ oder „Earthsea“ auftauchte, wurde hier vorbereitet.

Romantische Themen in der Fantasy:

  • Das Erhabene: Natur als übermenschliche Größe – beides angsteinflößend und erhebend zugleich.
  • Flucht und Suche: Der Rückzug aus der Welt als Aufbruch zu etwas Höherem.
  • Das Einswerden mit dem Kosmos: Viele romantische Figuren verlieren sich nicht, sie werden Teil eines größeren Ganzen.
  • Poesie als Magie: Worte selbst sind in der romantischen Dichtung fast schon magisch – eine Idee, die moderne Fantasy oft übernimmt.

Sprache als Zauberspruch

Die Romantiker:innen experimentierten nicht nur mit Inhalt, sondern auch mit Form. Ihre Sprache wurde rhythmischer, symbolischer, aufgeladener – manchmal fast wie ein Zauberspruch. Diese lyrische Überhöhung findet sich später in der High Fantasy wieder. Tolkien, Le Guin, McKillip – sie alle sind Erben einer romantisch-poetischen Tradition.

Und: Auch das Fragment, das Unvollständige wurde gefeiert. Das lässt sich heute in der Fantasy als Stilmittel finden: offene Enden, mythische Leerstellen, bewusstes Nicht-Erklären. Die Welt soll spürbar sein – nicht ausbuchstabiert.

Fazit: Die Macht der inneren Bilder

Ohne die Romantik gäbe es keine Fantasy, wie wir sie kennen. Ihre Held:innen trugen keine Schwerter, sondern Gefühle. Ihre Questen führten durch Sprachlandschaften, nicht durch Königreiche. Doch genau diese Reise ins Innere hat das Genre nachhaltig geprägt.

Die Romantik war eine stille Revolution – und die Fantasy ist bis heute ihr mit Abstand schönstes und erhabenstes Echo.


⬅️Vorheriger Artikel: (5): Gothic & Grauen – Die dunkle Geburt der modernen Fantasy
➡️Nächster Artikel:
(7) Der erste Architekt der Fantasywelt – William Morris und die Erfindung der Queste

Ach so: Fantasy History & Grundlagen sind genau dein Ding? Dann folge unserer beliebten Kategorie Mythen & Magie. Hier haben wir immer Fantasy Basics für dich parat. Und hier gibt es eine ganz okaye Zusammenfassung der Fantasy Historie.