🔍 Suche im Fantasykosmos

Spüre verborgene Pfade auf, entdecke neue Werke oder durchstöbere das Archiv uralter Artikel. Ein Wort genügt – und der Kosmos öffnet sich.


Fantasy History (11): Die fünfziger Jahre – Fantasy zwischen Eskapismus und Aufbruch

Eine in goldenes Licht getauchte gotische Halle. Im Zentrum schwebt ein leuchtender Ring über einem schlichten Sockel. Eine dunkle, vermummte Gestalt steht davor, vom Lichtschein umgeben – Symbol für Tolkiens Mythenschöpfung im Fantasy-Labyrinth.

Zwischen Weltflucht und Weltdeutung

Die Kritik war schnell bei der Hand: Fantasy sei Eskapismus – eine kindische Flucht vor der Wirklichkeit. Doch gerade in der Nachkriegszeit bekam dieser Eskapismus neue Bedeutung. Er wurde zum Schutzraum, zur Heilung, manchmal auch zum Gegenbild zur kalten Rationalität der Moderne. Die Flucht war nicht vor der Realität – sondern vor deren Grausamkeit.

Autor:innen wie C.S. Lewis (Die Chroniken von Narnia) setzten weiterhin auf symbolische Allegorien, doch die Subtexte wurden dunkler. Der Krieg hinterließ Spuren – in Motiven, Figuren, Konstruktionen. Fantasy wurde moralischer, aber auch politischer. Gut und Böse waren keine simplen Lager mehr, sondern psychologische Zustände.

Der Rückzug ins Ich

Während in der realen Welt Atombomben und Wettrüsten dominierten, entdeckte die Fantasy das Innere. Werke wie A Wizard of Earthsea von Ursula K. Le Guin (1950er Konzept, später erschienen) oder auch die Frühwerke von Diana Wynne Jones atmeten bereits diesen neuen Geist: Identität, Schattenseiten, innere Reifung. Heldenreisen wurden zu Selbstfindungsreisen.

Auch viele Werke aus dieser Zeit setzen bewusst auf kleine Welten, intime Settings. Magie fand nicht in großen Schlachten statt – sondern in persönlichen Krisen. Das war neu, das war leise – aber es wirkte.

Der Beginn der modernen Fantasy

Man darf nicht vergessen: Auch Tolkien veröffentlichte Der Herr der Ringe in den Fünfzigern. Und während er sich sprachlich und mythologisch am Mittelalter orientierte, war die Sehnsucht, die seine Werke durchzieht, sehr zeitgenössisch. In einer Welt, die auseinanderfiel, bot er Ordnung, Sinn, Trost. Und genau damit traf er einen Nerv.

Der internationale Erfolg von Fantasy wuchs – langsam, aber spürbar. In den USA begann der Markt, Fantasy als eigenes Genre wahrzunehmen, nicht mehr nur als Anhängsel der Science Fiction. Eine Trennung, die bis heute die Verlage prägt.

Fazit: Vom Trost zur Tiefe

Die Fantasy der fünfziger Jahre war kein Feuerwerk – aber ein Fundament. Sie wurde erwachsener, nachdenklicher, vielschichtiger. Sie bot Trost – ja. Aber sie stellte auch Fragen. Und das unterscheidet sie von der naiven Eskapismus-Fantasy, als die sie so oft abgestempelt wurde.

Sie war ein literarischer Mutmacher. Ein Zeichen dafür, dass selbst nach der Dunkelheit noch Welten entstehen können. Und dass das Fantastische nicht verdrängen muss – sondern transformieren kann.


⬅️Vorheriger Artikel: (10): Der Herr der Fantasy – Wie Tolkien das Genre neu erfand
➡️Nächster Artikel:
(12) Magie wird psychedelisch – Die sechziger Jahre und der Aufbruch ins Unbekannte

Ach so: Fantasy History & Grundlagen sind genau dein Ding? Dann folge unserer beliebten Kategorie Mythen & Magie. Hier haben wir immer Fantasy Basics für dich parat. Und hier gibt es eine ganz okaye Zusammenfassung der Fantasy Historie.