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⏳ Über allen Häusern schweben Wolken. Bei einigen ist es gleich ein ganzer Turm.

Liv wohnte im neunten Stock eines grauen Hochhauses am Rand der Stadt.
Wenn sie nicht gerade las, saß sie auf dem Balkon – und zählte Wolken.

„Siehst du auch das, Liv?“, fragte ihre Oma manchmal.
Und Liv nickte, obwohl sie sich nicht sicher war, was gemeint war.

Eines Abends, als ein Wind aufzog, bemerkte Liv etwas Seltsames.
Ein Schatten huschte über die Fassade – aber es war kein Vogel, auch kein Flugzeug.
Es war… ein Turm.
Ein schwebender Turm, direkt über dem Haus.

Aufgeregt sah sie genauer hin. Im Inneren des Turms schien es Wolken zu geben.
Schöne, große, feuchte, flauschige Wolken – aufgereiht wie Gemälde in einer Galerie.

Neugierig stieg Liv aufs Dach.
Ein Licht flackerte. Eine Tür erschien, wo vorher nur eine Mauer war.

Drinnen war alles aus Glas und Wind.
Ein langer Gang, gesäumt von Rohren, Schleusen, Nebelkammern.
In der Mitte stand eine Frau – groß, ruhig und mit Haaren wie ein einziger Sturm.
„Ich bin die Hüterin der Wolken“, sagte sie. „Und du bist spät dran, mein Kind.“

Liv verstand nicht.
Aber als sie fragte, woher all diese Wolken kamen, zeigte die Frau auf ein Fenster.
„Wir sammeln sie, weil in ihnen das Wetter wohnt. Wir sammeln sie über Städten und über den Meeren. Wolken sind Geschenke. Aber ihre Zahl ist begrenzt.“

„Und warum regnet es dann bei uns kaum noch?“, fragte Liv.
Die Frau wurde still.
„Jemand stiehlt sie.“

Liv durfte bleiben.
Sie lernte, wie man Wolken einfängt, wie man Nebel verwebt, wie man Feuchtigkeit speichert.
Doch sie bemerkte auch: Manche Fächer in den Speicherregalen waren leer. Immer dieselben.

Jemand nahm nur die besten: die prallsten, weichsten und die kühlsten der Wolken.
Und ließ dürres, schwaches Wetter zurück. Ohne Regen, ohne Wind.

Eines Nachts entdeckte Liv ihn:
Ein Mann mit glänzendem Koffer, der durch die Schleusen schlich.
Er packte Wolken ein – sorgfältig, wie jemand der teuren Schmuck stahl.

„Wozu?“, rief Liv. „Warum stiehlst du sie?“
Der Mann drehte sich um.
„Für private Gärten. Für Golfplätze. Für Regionen, in denen es viel mehr Geld zu verdienen gibt als in dieser ärmlichen Gegend.“

Liv stellte sich ihm in den Weg.
„Du kannst Wetter nicht einfach nehmen!“
„Ich kann alles nehmen und ich kann alles kaufen“, sagte er.
„Nicht hier“, sagte die Wolkenhüterin, die plötzlich hinter ihm stand.
Mit einem Knipsen zerplatzten die Wolken in seinem Koffer. Der Mann verschwand im Wind.

Und seitdem war Liv die neue Assistentin der Wolkenfängerin. Und irgendwann vielleicht ihre Nachfolgerin.
Sie lebte zwischen Himmel und Dach – und sorgte dafür, dass alle Menschen, Tiere und Pflanzen das bekamen, was sie wirklich brauchten:
Regen, Ruhe und frische Luft.

Und manchmal, wenn man genau hinsieht,
kann man über Hochhaus Nummer 9 einen schimmernden Turm schweben sehen –
ganz still, glasklar, und voller Wolken.

Der Zeitfresser unter dem Bett - Fantasy für Kinder

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