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Niemand lebt im Norden von Istra. Man hätte dort vielleicht unter großen Entbehrungen existieren können, doch kein Feuer konnte in diesen Landen brennen.
Es gab keinen Funken. Niemand sah je Rauch. Kein Licht wies den Weg in der Nacht.
Die Alten sagen, der Himmel dort habe das Feuer einst vergessen. Andere flüstern, es sei ihm genommen worden. So gab es nur Schnee, Zeit und eine Stille aus uraltem Eis.
Die junge Frau, die sich bis zu den Eisgraten durchschlug, hieß Sira. Sie hatte kein Ziel, nur einen Namen im Herzen: „Vel’enhâr“ – das letzte Wort ihrer Mutter, bevor sie von ihr gegangen war. Ein Wort, das nie übersetzt wurde, das sich anhörte wie ein Ort, aber in ihr widerhallte wie ein Gebet.
Nach acht Tagen Kälte und Schweigen fand sie ihn.
Es war ein Felsspalt, kaum mehr als ein winziger Riss in der mächtigen Eishaut der Welt. Dahinter eine Höhle – warm. Nicht durch den Schutz vor dem Wind oder durch Wärme aus der Erde, sondern durch das, was dort vor ihr lag:
Eine Glut.
Klein wie eine Haselnuss. Rund, seltsam schimmernd und mit einer erstaunlichen, pulsierenden Helligkeit und spürbarer Hitze.
Davor saß ein geflügeltes Wesen – nicht größer als ein Fuchs, mit Augen wie geschmolzenes Erz. Es sprach mit einer Stimme, die wie die eines Kindes klang – aber die Worte hörten sich für Sira falsch an. Als hätte jemand vergessen, wie ihre Sprache funktionierte, und sie dann aus denselben Worten und auf grobe Weise neu zusammenzusetzen.
„Glut muss wachsen“, sagte es.
„Glut braucht dich. Kein Blut nimmt – nimmt nur deine Geschichte.“
Sira schwindelte bei diesen seltsamen Worten, doch sie fragte nicht nach der Bedeutung, wagte es nicht. Sie kniete nieder, legte die Hände ohne Furcht um die Glut und schloss die Augen.
Was folgte, war kein Traum.
Es war wie eine Erinnerung, eine Erinnerung außerhalb ihres eigenen Geistes, ausgebreitet von Gedanken, die nicht ihr gehörten. Ein Reich aus schwarzem Erz und weißem Feuer.
Gewaltige Gebirge, die, während sie zusammenstürzten, dröhnende, tiefschwarze Lieder sangen.
Könige mit dunklen Herzen, die aus Kohle geboren wurden.
Und den mächtigen Hammerfall einer Sonne – herabgerissen, in sieben Teile zerbrochen, eingesperrt in Schnee und Eis, auf dass dies Feuer niemals zurückkehre.
„Vel’enhâr“, flüsterte sie. Jetzt wusste sie, was es bedeutete.
„Erinner dich an das Erste Feuer.“
Als sie die Augen öffnete, war die Glut größer geworden.
Ein leises Knistern erfüllte die Höhle. Das Wesen war verschwunden.
Und der Schnee vor dem Eingang hatte zu schmelzen begonnen.
Sira stand auf, die Glut in ihrer Hand. Sie war nicht mehr einfach nur eine Tochter. Nicht mehr nur Wanderin.
Sie war nun die Trägerin der Glut.
Und mit jedem Schritt, den sie in ihre Welt zurückging, wuchs das, was in ihr brannte –
älter und mächtiger als alle Königreiche.
Geduldig.
Hungrig.
Verzehrend.

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