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Der Wind trug das Lied, sanft wie vergessene Stimmen, durch die zerklüfteten Berge. Es war kein Lied für menschliche Ohren. Trotzdem vernahmen es vier Wanderer – und sie folgten seinem Ruf.
Drei Tage und Nächte durchquerten sie Nebel, Geröll und tote Wälder. Je näher sie der legandären Stadt Ytheris kamen, desto fremder erschien ihnen die Welt. Schatten schienen zu flüstern, Steine sich zu bewegen. Doch keiner sprach es aus.
Die Nacht war schwer, als sie Ytheris erreichten. Einst eine Perle der Welt, ragten nun geborstene Türme wie gebrochene Finger in den Himmel. Keine Vögel sangen, kein Tier wagte sich in die Nähe. Über allem schwebte das Lied, kaum hörbar, wie ein ferner Gedanke.
Aelan, die Anführerin, hielt inne. „Wir sollten nicht hier sein,“ flüsterte sie. Ihre Hand lag schwer auf dem Griff ihres Schwertes. Doch die anderen gingen weiter — als wäre ihr Wille längst gebrochen.
In der Mitte der Stadt fanden sie einen Platz, überwuchert von fremdartigem Moos, das unter ihren Stiefeln seufzte. Dort, zwischen den Ruinen, stand ein Brunnen. Kein Wasser füllte ihn, nur Nebel. Und aus diesem Nebel quoll das Lied.
„Hört ihr das?“ murmelte Jorren, der Jüngste. Seine Augen glitzerten, als sähe er Dinge, die die anderen nicht erkennen konnten.
Aelan spürte, wie sich Kälte in ihre Knochen grub. „Rührt nichts an,“ warnte sie, doch ihre Stimme klang dumpf, fast fremd.
Da trat Kael, der grobe Händler, vor. „Vielleicht gibt es hier noch Schätze,“ lachte er, doch sein Lachen klang hohl.
Aus dem Nebel lösten sich Gestalten — Schatten von Männern, Frauen, Kindern. Ihre Gesichter waren blass, ihre Augen leer. Und doch — in ihren Bewegungen lag ein Echo von Leben. Sie tanzten. Eine endlose Prozession, gefangen in einer Zeit, die längst vergangen war.
Aelan riss ihr Schwert aus seiner Scheide. „Zurück!“ befahl sie, doch Jorren trat bereits auf die Geister zu, die Arme ausgestreckt, als wäre er einer von ihnen.
„Sie rufen mich,“ hauchte er und lächelte.
Kael griff nach ihm, doch zu spät. Der Junge berührte einen der Geister — und löste sich auf wie Nebel im Morgenlicht. Ein leises Seufzen ging durch die Schatten.
Panik packte die Gruppe. Kael und Aelan stürmten zurück, den Weg, den sie gekommen waren. Nur Caera, die schweigsame Bogenschützin, blieb zurück. In ihren Augen spiegelte sich eine seltsame Ruhe. „Vielleicht,“ sagte sie leise, „ist es Zeit, sich zu erinnern.“
Aelan packte Kael am Arm, zog ihn mit sich. „Beweg dich!“
Sie rannten durch die leeren Gassen, das Lied schien in ihren Köpfen zu pochen. Der Nebel wurde dichter, Stimmen wisperten. Ihre Schritte wurden schwer, ihre Konturen begannen zu flimmern, als wären sie selbst kaum noch mehr als eine bloße Erinnerung.
Als Aelan den Rand der Stadt erreichte, stolperte sie. Kael war nicht mehr bei ihr. Nur Nebel. Flüstern. Das Lied.
Mit letzter Kraft blickte sie zurück. Ytheris lag da, unverändert, vollkommen unwirklich. Auf dem Platz am Brunnen tanzten nun vier neue Schatten unter den zerbrochenen Türmen.
Ein Schauder durchlief sie, als sie begriff:
Niemand entkommt Ytheris. Die Stadt lebt von ihren Besuchern. Jeder, der ihr Lied hört, wird Teil der endlosen Erinnerung.
Das Lied schwoll an, sanft und unerbittlich. Aelan, deren Gestalt bereits zu flimmern begann, hörte ihren eigenen Namen im Chor der Verlorenen. Ein letzter Funke Widerstand flackerte in ihr auf — und erlosch.
Die Stadt träumte weiter. Und sang.

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