KI-Schatten über Indie-Glamour: Expedition 33 verliert seine Preise

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Grabhaold checkt das. Die Kurzzusammenfassung der Review. Mit Grabhod dem Kobold, der einen Zeigefinger in die Luft streckt.

Clair Obscur: KI, Krone, Kater

📰 Was ist los?
Clair Obscur: Expedition 33 verliert nachträglich seine beiden wichtigsten Indie-Game-Awards – Game of the Year und Best Debut Game –, weil Sandfall Interactive beim Einreichen „keine generative KI“ angekreuzt hat, später aber einräumen musste, dass während der Produktion KI-Platzhalter-Assets im Spiel waren und teils sogar in der Release-Version gelandet sind. Die Indie Game Awards berufen sich auf ihr strenges Regelwerk, entziehen dem Spiel die Preise und reichen sie an Blue Prince und Sorry We’re Closed weiter.

🐛 Was denken wir?
Der Skandal ist weniger der Einsatz von KI als solcher, sondern die Diskrepanz zwischen „handgemachtes Prestige-Indie“ im Formular und „war da halt ein bisschen KI“ im Nachgang. Wer sich mit künstlerischer Integrität schmückt, darf sich beim Ankreuzkästchen keine impressionistischen Freiheiten leisten, sonst wird aus Belle Époque sehr schnell Blech-Epoche.

⚡ KI-Schatten über Indie-Glamour: Expedition 33 verliert seine Preise

Die Indie Game Awards haben ihrem eigenen Superstar die Krone vom Kopf gerissen: Clair Obscur: Expedition 33 verliert nachträglich die Trophäen für Game of the Year und Best Debut Game – wegen generativer KI und einer falschen Angabe im Anmeldeformular. Stattdessen rücken Blue Prince und Sorry We’re Closed nach.

🤖 Was genau vorgefallen ist

Die Indie Game Awards fahren seit Beginn eine sehr klare Linie:

  • Jeglicher Einsatz generativer KI in der Entwicklung gilt als Ausschlusskriterium.
  • Zusätzlich sind Falschangaben im Nominierungsformular ein unmittelbarer Disqualifikationsgrund.

Sandfall Interactive hatte bei der Einreichung angegeben, Clair Obscur sei ohne generative KI entstanden. Später bestätigte das Studio jedoch, dass in der Produktion KI-Platzhalter-Assets eingesetzt wurden – und dass einige dieser Texturen in der Release-Version gelandet sind, bevor sie per Patch ersetzt wurden.

Die Jury argumentiert denkbar simpel:

Wer „kein KI-Einsatz“ unterschreibt und später „doch ein bisschen“ zugibt, fliegt raus, unabhängig davon, wie schön, erfolgreich oder gefeiert das Endprodukt ist.


🔍 Fans, Artefakte und stille Patches

Ganz vom Himmel gefallen ist der Verdacht nicht:

  • Bereits kurz nach Release im April hatten Spieler Screenshots mit verdächtigen Texturen geteilt, typische KI-Artefakte in Hintergrunddetails.
  • Einige dieser Assets wurden laut Berichten später still ersetzt, ohne dass das Studio das KI-Thema offensiv adressierte.

Der eigentliche Brandbeschleuniger: Kurz vor bzw. am Tag der Award-Premiere bestätigte Sandfall öffentlich, dass während der Entwicklung generative KI genutzt wurde – exakt das Gegenteil der ursprünglichen Aussage im Formular.

Damit war die Jury in der Zwickmühle:

  • Durchwinken und ihr eigenes Regelwerk entwerten
  • Aberkennen und den Shitstorm einpreisen.

Sie haben sich für Letzteres entschieden.


👑 Neue Kronenträger: Blue Prince & Sorry We’re Closed

Durch die Disqualifikation rücken jetzt die Zweitplatzierten nach:

  • Blue Prince übernimmt den Titel Game of the Year. Das verschachtelte Puzzle-Abenteuer stand ohnehin weit oben in vielen Indie-Bestenlisten. Der Publisher Raw Fury betont inzwischen sehr laut, dass beim Spiel keine generative KI im Einsatz war – eine direkte Reaktion auf Gerüchte aus der Community.
  • Sorry We’re Closed – das neonverliebte PS1-Survival-Horror-Liebesdrama – wird offiziell zum Best Debut Game gekrönt, nachdem es schon 2024/25 von der Kritik gefeiert wurde.

Ironie des Ganzen: Beide Spiele hatten vorher im Schatten von Expedition 33 gestanden, jetzt bekommen sie plötzlich den „moralisch saubere Alternative“-Stempel gleich mitgeliefert.


🏛 Der gefallene Liebling bleibt ein Gigant

Wichtig ist der Kontext:

  • Clair Obscur: Expedition 33 hat sich über 5 Millionen Mal verkauft und wurde weltweit als eines der besten Spiele des Jahres gefeiert.
  • Bei den Game Awards 2025 hat es mit neun Auszeichnungen bei 13 Nominierungen einen Rekord aufgestellt, inklusive Game of the Year.
  • Der französische Präsident Macron gratulierte öffentlich und nannte das Spiel ein Beispiel für „kreative Kühnheit“ der französischen Kultur- und Tech-Szene.

Mit anderen Worten: Expedition 33 ist kommerziell und kulturell längst durch die Decke gegangen. Die aberkannten Indie-Preise ändern daran wenig, sie beschädigen eher das Bild des makellos handgemachten Prestigeprojekts und die Glaubwürdigkeit der Studio-Kommunikation.


⚖️ Zwischen Prinzip und Praxis: Wo verläuft die KI-Grenze?

Der Fall trifft genau in eine Debatte, die ohnehin gerade eskaliert:

  • Viele Studios nutzen KI-Tools in der Preproduction, etwa für Moodboards, Blockout-Art oder Placeholder-VO –, versprechen aber, dass im fertigen Spiel nur „echte“ Assets landen
  • Die Indie Game Awards stellen sich jetzt bewusst an die strengste denkbare Position: Jede Verwendung generativer KI – selbst temporär, selbst für Platzhalter – ist mit ihren Werten unvereinbar.

Das ist konsequent, aber auch maximal unflexibel. Die Branche bewegt sich längst in Grauzonen:

  • Wo endet ein KI-unterstützter Brush, wo beginnt ein generiertes Asset?
  • Zählt ein intern genutztes KI-Scribble, das später komplett übermalt wird?
  • Und wie überprüfst du das, ohne jedes Studio forensisch zu zerlegen?

Der aktuelle Fall zeigt vor allem eins:

Nicht die Technik allein frisst Vertrauen, die Lüge dazu erledigt den Rest.

🎬 Clair Obscur: Expedition 33 – Launch-Trailer

Der offizielle Launch-Trailer zu Clair Obscur: Expedition 33 – dem Belle-Époque-Fantasy-RPG von Sandfall Interactive.


🧨 Unser Fazit: Ein Warnschuss mit Nebenwirkungen

Für die Indie-Szene ist die Botschaft klar:

  • Wer mit „handmade, artist-owned, fair“ wirbt, sollte im Kleingedruckten keine KI-Geister verstecken.
  • Wer bei Preisvergaben Anti-KI-Richtlinien unterschreibt, bekommt keine zweite Chance, wenn später Screenshots, Interviews oder Patches das Gegenteil andeuten.

Für die Awards selbst bleibt ein schaler Beigeschmack:

  • Die harte Linie wirkt im Einzelfall nachvollziehbar,
  • gleichzeitig manövriert man sich in eine Position, in der man künftig jede Nominierung noch genauer erklären muss.

Clair Obscur: Expedition 33 wird trotzdem in den Jahresrückblicken ganz oben stehen, nur eben mit kleiner Fußnote:
„Das ist dieses brillante, düstere Belle-Époque-RPG, das gezeigt hat, wie man KI in der Entwicklung lieber nicht geheimhält.“

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