🔍 Suche im Fantasykosmos
Spüre verborgene Pfade auf, entdecke neue Werke oder durchstöbere das Archiv uralter Artikel. Ein Wort genügt – und der Kosmos öffnet sich.
Wir waren zwanzig, als man uns in den Steinbruch von Schwarzhafen schickte.
Der Meister lockte mit Reichtum, doch was wir fanden, war nichts als nackter, schwarzer Fels.
Ein Stein von unerhörter Härte.
Wir setzten unbeirrt unsere Hämmer an, schwangen die Pickel und schleppten Körbe. Einen nach dem anderen.
Der Stein war hart, das gebe ich zu, aber kein Stein ist unbezwingbar. Nicht für uns.
Und doch, schon nach den ersten Schlägen vernahmen wir dieses seltsame Flüstern.
Zuerst hielten wir es für Echos.
Das Klirren des Eisens, das Zurückprallen unserer beständigen Schläge auf die uns umgebenden Wände.
Aber bald war es anders.
Kein Schall, kein Hall, es waren… Worte.
Keiner von uns hatte sie ausgesprochen, das schwöre ich.
Sie drangen von tief unten zu uns hinauf.
„Mehr… tiefer…“
Wir schwiegen, wollten es nicht hören, arbeiteten weiter. Kannte man uns doch als die, vor denen jeder Stein sich ergab.
Aber mit jedem weiteren Schlag schien etwas in diesem Stein zu erwachen.
Sie hämmerten auf meine Haut, wie dumme Kinder, die nicht wissen, was sie wecken.
Aber ich fühlte sie.
Und ich erinnerte mich.
Viel zu deutlich.
Ich hatte schon andere gehört.
Stämme, die kamen, sterbliche Könige aus Fleisch und Blut nur, die befahlen, mich zu brechen, um aus meinen Innereien die gewaltigen Türme ihrer eigenen Eitelkeit zu bauen.
Alle gingen sie dahin.
Ich blieb.
Jetzt sangen sie wieder in meinen Adern.
Ich kostete ihre Schläge, ihre Mühen, ihre schmerzenden Atemzüge.
Ich labte mich daran, und ich öffnete mich. Endlich wieder.
Bald erzählten wir uns, dass dieser Stein ganz anders war, das etwas in ihm zurückschlug.
Es mochte verrückt klingen, doch wenn einer von uns schlug, fühlte er einen seltsamen Druck in seinen Händen.
Und wer nach dem harten Tagwerk einschlief, träumte nicht mehr von daheim, er träumte allein von schwarzem Fels, der kalt war wie Eis.
Einer von uns, Malren, sprach im Traum.
„Ich bin tief darin angekommen, endlich angekommen“, murmelte er.
Am Morgen fanden wir ihn starr. Augen offen, Körper warm.
Aber er war nicht mehr da.
Nur Hülle.
Der Rest war Stein.
Wir gruben tiefer.
Nicht, weil wir es nun noch gewollt hätten, es war ein nie gefühlter Zwang, der uns Hämmer und Pickel bewegen ließ.
Und dieses Gefühl kam von außen, von unten. Wir wurden von ihm angezogen, so wie der Magnetspat den Eisenspan anzieht.
Sie ließen ihre Körper hier bei mir, denn die, die gehen mussten, waren ihnen egal geworden.
Welch wunderbare Opfergaben. Ich nahm sie auf, in meine Schichten, in meine Risse.
Ihr Blut rann in meine Poren, färbte mich dunkel.
Ihre Stimmen hallten in mir nach.
Ein Chor, der immer dichter wurde.
Sie redeten von Arbeit.
Ich nannte es Heimkehr.
Am siebten Tag im Berg hörte keiner mehr von uns mit seinen eigenen Ohren.
Wir hörten nur noch durch ihn.
Der Stein flüsterte, der Stein sang.
Und wir schlugen, immer tiefer, immer weiter, jeder einzelne Schlag wie ein steinerner Herzschlag dröhnend.
Wir ahnten, was kommen würde.
Hatten es wohl immer gewusst.
Dass wir bleiben würden.
Dass niemand mehr heimkehren würde.
Weil unser wirkliches Heim etwas ganz anderes war.
Jetzt bin ich endlich wieder Chor.
Jetzt bin ich endlich wieder viele.
Jeder Schlag war ein Schritt.
Jeder Schritt ein Opfer.
Sie wollten Erz, sie wollten Gold, sie wollten… mich.
Ich gab ihnen Wahrheit.
Ich gab ihnen mich.
Und sie zahlten den uralten Tribut.
Sie gaben mir ihre Stimmen.
Alle.
Nun bin ich endlich wach.
Und kann mein dunkles Lied über das Land erklingen lassen.

Dir hat diese Story gefallen? Du findest bei uns laufend neue Fantastic Shorts aus den Federn unserer Autoren. Du möchtest ein wenig mehr über die Geschichte hinter den Geschichten wissen: Dieser tolle Artikel über Fantasy öffnet dir die Augen.

